Schuld sind immer die anderen

„Ich hätte ja ..., aber ...“ „Ich konnte nicht ... wegen ...!“ „Wenn der Bus/das Wetter/mein Wecker ..., dann wäre ich ...“ Die äußeren Umstände sind oft eine willkommene Ausrede, wenn etwas nicht geklappt hat. Es soll wie eine Entschuldigung klingen. Ich weiß aber, was du damit insgeheim sagen willst: Jemand oder etwas anderes hat die Schuld, nur du nicht!

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Es geht noch deutlicher: Der Geschäftspartner ist schuld. Der Kollege ist schuld. Der Mitarbeiter ist schuld. Der Kunde ist schuld. Der Nachbar ist schuld. Der Lehrer ist schuld. Das Kind ist schuld. Der Partner ist schuld. Die Frau oder der Mann sind schuld.

Der andere ist schuld - hier als Podcast-Episode 114 anhören.

Das ein oder andere haben wir sicher alle schon gehört und – Hand auf’s Herz – auch selbst gesagt. Nicht wahr? Nur genau das ist es eben nicht: Es ist nicht wahr. Weil gar niemand schuld sein muss. Schuld gibt es in meiner Welt nicht – von Gewalt und Verbrechen einmal abgesehen. In meiner Welt gibt es nur Verantwortung. Was ist der Unterschied?

Schuld oder Verantwortung?

Einfach gesagt sind Schuld und Verantwortung zwei Seiten derselben Medaille – die eine ist passiv, die andere aktiv. So lange jeder aktiv seine Verantwortung trägt, ist alles in Ordnung. Allerdings sind wir gesellschaftlich eher auf Passivität geprägt. Was sich darin zeigt, dass wir Erwartungen haben und Schuldige suchen, wenn diese nicht eintreten. Und wir neigen daher auch dazu, unsere Verantwortung von vornherein ab- und sie anderen Menschen zuzuschieben.

Dahinter kann ein Selbstschutz stecken. Aus Angst, sich wie ein Versager vorzukommen oder gar bestraft zu werden, wenn ein Unterfangen erfolglos war, geben wir anderen die Schuld daran. Außerdem klingt es bequem: War ein anderer schuld, braucht man praktischerweise selbst nichts tun oder verändern und kann schön passiv bleiben. Meistens ist es eine fatale Mischung beidem – Angst und Bequemlichkeit.

Was ist deine Verantwortung?

Ich erlebe jedenfalls täglich Menschen, die ihre Verantwortung nicht aktiv wahrnehmen. Sie stehen auf dem Standpunkt, dass es ein anderer schon (für sie) richten wird. Ob das die eigene Gesundheit angeht, Familie und Beziehungen, Beruf und Berufung bis hin zu Geld und Besitzangelegenheiten.

Wenn du so eingestellt bist, entgeht dir eine riesengroße Chance. Denn je mehr Verantwortung du bei dir selbst suchen kannst, desto leichter, schöner, eleganter und erfolgreicher wird dein Leben laufen! Bist du dir deiner eigenen Verantwortung bewusst? Ist dir klar, was das heißt?

Mach dich nicht zum Opfer

Du brauchst dich eigentlich nur zu fragen, was dir lieber ist: Willst du der aktive Gestalter in deinem Leben sein oder nur der Passagier? Wahrscheinlich ein bisschen von beidem, aber eines willst du sicher nicht sein: Opfer. Das würde nämlich bedeuten, dass du anderen bzw. dem „Schicksal“ machtlos ausgeliefert bist. Was selten stimmt, denn du hast immer die Macht, eine Entscheidung zu treffen. Das ist wichtig zu wissen, weil sie deinen Handlungen vorausgeht.

Wenn ich sage, „der andere ist schuld“, gebe ich ihm dagegen die ganze Verantwortung und damit alle Macht – nicht nur über das was geschieht, sondern auch die über meine Gedanken und Gefühle. Ich mache mich abhängig. Abhängigkeit schürt wiederum die Angst vor dem, was (mir) passieren kann. Ein negativer Fokus entsteht.

Außerdem solltest du zwei Dinge bedenken:

  1. Es ist derselbe Energieaufwand damit verbunden, ob du in die Opferhaltung oder in die Verantwortung gehst. Und
  2. Wer mit dem Finger auf andere zeigt, richtet gleichzeitig drei Finger auf sich selbst.

Wo kein Opfer, da kein Täter

Was, wenn sich die andere Person gar nichts zuschulden hat kommen lassen, auf die du mit dem Finger zeigst? Dein Gegenüber bekommt ein schlechtes Gewissen und wird „unschuldig“ zum Opfer deiner Anschuldigung. Aufgrund von Missverständnissen oder falschen Erwartungen im menschlichen Miteinander kann das leicht passieren.

Das heißt, Schuldzuweisungen können nicht nur dich zum Opfer und andere zum Täter machen, sondern auch umgekehrt. Eine Art Täter-Opfer-Umkehr bzw. vielmehr -Pingpong ist die Folge – je nachdem, welche Perspektive man einnimmt. Kannst du die Perspektive des anderen einnehmen? Schaffst du das in der Kommunikation? Wenn dir das gelingt, gibt es weder Opfer noch Täter. Und das ist ein wichtiger Schritt zur Lösung.

Was damit auch deutlich wird: Die Frage nach der Schuld führt zu nichts. Zu keiner brauchbaren Lösung jedenfalls. Denn du bist entweder damit beschäftigt, anderen vorzuwerfen, was sie falsch gemacht haben; oder dich plagt das schlechte Gewissen, weil du angeblich schuld an etwas bist. Es bleiben keine Kapazitäten mehr übrig, um dich zu ver-antwort-en, sprich: um Antworten zu finden, die zu Lösungen führen.

Was ist die Lösung?

Ich bin auch nicht gefeit davor. Ich erwische mich selbst manchmal dabei, dass ich denke, „oh, der ist aber ein Depp“, oder, „der ist schuld“, im Straßenverkehr zum Beispiel. Und dann komme ich darauf, dass ich eigentlich mehr achtgeben hätte sollen; dass ich der Ungeduldigere war oder der Aggressivere; dass ich meine Wortwahl und Emotionen zügeln und anders handeln hätte können.

Wie kann man damit umgehen, wenn man das bei sich entdeckt? Ganz einfach: Indem man die Grenzen klar absteckt und die Verantwortung (wieder) aktiv übernimmt. Die Sache ist nämlich die, dass das Resultat umso besser ausfällt, je mehr Verantwortung du selbst für deine Gedanken, Gefühle und Handlungen übernehmen kannst. Ganz egal, was jemand anderes sagt oder tut.

Das heißt, jedes Mal, wenn du dich/andere dabei erwischst, zu behaupten, dass jemand anderes/du schuld wäre, sag stopp! Es geht nicht um Schuld, sondern in erster Linie um Verantwortung. Erwartungen und Schuldzuweisungen sind das Gegenteil davon. Also, kläre die Frage der Verantwortung anstatt der Schuldfrage und du wirst sehen, es wird dir alles leichter gelingen.

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