Zu Tode gefürchtet

... ist auch gestorben. Das wusste schon meine Oma. So wie der römische Philosoph Seneca wusste, dass kein Übel der Welt so groß ist wie die Angst davor. Im Grunde weiß das ein jeder. Trotzdem geht die Angst um, wo ich nur hinschaue. Weshalb ist das so, frage ich mich? Warum und wovor fürchten sich die Menschen? Und viel wichtiger: Was können sie dagegen tun?

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Angst ist zu einer Art Volkskrankheit in unserer vermeintlich freien, wohlhabenden Gesellschaft geworden. Angst vor dem Alleinsein, Angst vor Jobverlust und finanzieller Not, Angst vor öffentlichen Auftritten, Flugangst, Höhenangst, Platzangst, Angst vor Hunden oder Spinnen, vor Gewalt und Terror, vor Alter und Krankheit und die allergrößte Angst überhaupt: zu sterben. Dabei ist Letztere schlimmer als der Tod – allein schon, weil sie viel länger dauert.

Außerdem schadet Angst mehr, als jegliche Bedrohung es könnte. So manche trauen sich nicht einmal wirklich zu leben, bevor sie tot sind. Das beobachte ich. Aber nichts, wirklich nichts ist lebensfeindlicher als im Käfig seiner Ängste zu sitzen und misstrauisch nach draußen zu starren.

Der Schein von Sicherheit

Im Gegensatz zu vielen Tieren, die es sich nicht aussuchen können, begeben sich die Leute freiwillig in Gefangenschaft – weil sie sich dort sicherer fühlen. Das Bedürfnis nach Sicherheit ist uns angeboren. Es ist der Grund, warum Babys schreien, sobald sie keine vertraute Bezugsperson wahrnehmen; und es ist der Grund, warum unsichere Erwachsene oft Folgendes tun: kontrollieren.

Kontrolle beruht darauf, dass unser eigenes Handeln und seine Folgen vorhersehbar zusammenhängen. Ist der Zusammenhang gestört, weil andere Faktoren oder Menschen ins Spiel kommen, wollen wir auf Nummer sicher gehen. Klappt das? Natürlich nicht. Sicherheit per se existiert nicht, sie ist eine Illusion. Die Möglichkeit zur Kontrolle gibt uns nur zeitweilig den Anschein, dass wir sicher sind. In Wahrheit macht sie uns noch ängstlicher. Und unfrei.

A.N.G.S.T. – Annahme, negative Gedanken seien Tatsachen

Angst lässt sich relativ einfach herunterbrechen: Wir fürchten uns davor, dass irgendeine negative Annahme in der Zukunft eintreten könnte. Wer angsterfüllt denkt, denkt negativ. Jetzt kannst du aber nicht einfach hergehen und „negativ“ durch „positiv“ ersetzen. Beziehungsweise kannst du das schon, es bringt nur nichts.

Kontrollmechanismen versagen manchmal, egal wie akribisch wir kontrollieren oder wie positiv wir darüber denken. Flugzeuge stürzen ab, Kraftwerke explodieren, Menschen machen Fehler. Warum glauben wir allen Ernstes, dass Kontrolle der beste Weg ist, seine Ängste und Unsicherheiten zu bändigen?

Vertrauensmuskeln trainieren

Damit das Gefühl von Sicherheit in uns entstehen kann, braucht es eine ganz andere Qualität: Vertrauen. Vertrauen zu anderen Menschen und in das Leben entwickelst du, wenn du dir selbst trauen kannst. Zum Glück ist das erlern- beziehungsweise trainierbar. Es ist wie ein Muskel, den du jeden Tag stärken und formen musst. Ich meine wirklich musst, nicht kannst. Können würde es jeder, aber nur wenige tun es.

Es beginnt mit deinem Selbstbewusstsein. Werde dir klar, was du kannst und willst und handle danach. Wer wider besseres Wissen etwas tut, das ihm nicht entspricht, wird sich selbst „untreu“ – das Selbstvertrauen schwindet. Vertraust du dir selbst, vertrauen dir auch andere; weil du authentisch bist, entsprechend deines Selbst lebst und handelst. So entsteht schließlich Selbstsicherheit. Und diese Sicherheit fühlst und strahlst du aus.

Raus aus dem Käfig!

Je mehr du dir selbst vertraust, umso freier wirst du dich außerdem fühlen. Unsere Freiheit wächst proportional zu unserem (Selbst-)Vertrauen, nicht zum Ausmaß an Kontrolle und falscher Sicherheit. Vertrauen ist gut – Kontrolle ist nicht besser! Weil Vertrauen der Gegenspieler von Angst und der Schlüssel zu unseren Angst-Käfigen ist.

Du hast mit dem Leben und all seinen Möglichkeiten und Chancen so ein großes Geschenk bekommen. Wenn du es nutzen willst, solltest du vertrauensvoll die Tür aufsperren und rausgehen, anstatt nur ängstlich durch den Briefschlitz zu schauen. Willst du das? Gerne bin ich dein Sparrings-Partner.