Ich bin dein schlechtes Gewissen
„Wenn der Trainer vor einem Seminar Spaß hat, wie wird dann wohl das Seminar laufen? Wie viel Spaß hast du vor deiner Arbeit?“ Mit diesen Worten habe ich vor ein paar Monaten ein Bild auf Social Media untertitelt, das ich sehr zeitig in der Früh gepostet habe. So wie viele andere Postings in den letzten Monaten auch. Die Reaktionen darauf waren immer verhalten. Bis meine Frau unlängst von einem Klassentreffen heimkam ...
Nach dem Training ist vor dem Training
Unser Leben ist ein ständiges Trainieren von irgendetwas. Auch meins – ob Sport- oder Vertriebstraining, mentale oder körperliche Kompetenzen, so unterschiedlich die Dinge sind, haben sie doch alle eine Gemeinsamkeit: In der Theorie weiß jeder, wie es geht. Der kniffelige Punkt ist, das auch auf die Straße zu bringen.
Mit meinen Auftraggebern vereinbare ich daher immer, dass wir uns nach einem Seminar austauschen. Was sich getan hat, wie es ihnen geht und vor allem, wie es weitergeht. Ich rufe sie an, einmal, zwei Mal, drei Mal. Sie heben nicht ab. Ich rufe zwei Wochen später an und erfahre, dass es gerade zeitlich nicht passt. Dann rufe ich drei Wochen später an und mein Auftraggeber ist im Urlaub. Sechs Wochen danach machen wir endlich einen Telefontermin aus. Bei dem sich nach zwei Monaten schließlich herausstellt: Es wurde nichts umgesetzt. Und zwar gar nichts.
Servus, hier spricht dein Gewissen
Ich habe das natürlich schon vorher gewusst. Darum melde ich mich am Telefon mit: „Servus, hier spricht dein schlechtes Gewissen!“ Eine weitere Erklärung erübrigt sich. Weil mein Gesprächspartner weiß, dass ich weiß, dass er nichts umgesetzt hat. Deswegen hat er ja ein schlechtes Gewissen, wenn er mich hört.
Er hat ein schlechtes Gewissen, wenn er eine Nachricht von mir liest. Er hat ein schlechtes Gewissen, wenn er ein Posting von mir sieht. Er hat ein schlechtes Gewissen, weil er (sich) etwas versprochen hat, das er nicht halten konnte. Er hat einfach nicht getan, was er sich vorgenommen hat. So wie fast niemand seine Vorhaben erfolgreich umsetzt. Von all meinen Seminarteilnehmern tun das höchstens zehn Prozent.
Es ist dein Bier
Ob ich deswegen glaube, dass ich meine Arbeit schlecht mache? Aber nein! Den Anspruch habe ich schon lange nicht mehr. Ich muss nicht dafür sorgen, dass du das im Training Erfahrene praktisch umsetzt. Dafür bin ich nicht da. Du selbst bist dafür da. Meine Grenze ist gesteckt – es ist der Seminarraum. Sobald du da rausgehst, kannst du tun, was immer du willst.
Ich bin ausnahmslos dafür da, selbst Spaß zu haben bei meiner Arbeit; die Leute zu inspirieren; sie begeistert aus dem Seminarraum zu schicken. Das sind mein Anspruch und meine Aufgabe, mein Prädikat, mein Versprechen: Du wirst begeistert sein! Was du daraus machst, was du tust oder nicht tust, ist ganz alleine dein Bier. Das kannst ja nur du, ich kann es nicht für dich tun.
Ich mag dich trotzdem
Was das mit dem Klassentreffen zu tun hat? Ein ehemaliger Schulkamerad meiner Frau ließ mir ausrichten, er kenne mich zwar nicht persönlich, würde mir aber meine auffällige Motivation so früh am Morgen nicht abnehmen. Er war wohl kurz davor mir zu „entfolgen“, wie man sagt.
Aber weißt du was? Das macht nichts. Weil ich dich mag – mein Auftraggeber, Seminarteilnehmer oder Social-Media-Freund. Ob du wie ich radelst oder (dein) Bier braust, ob du was umsetzt oder nicht. Ich mag dich trotzdem! Ich rufe dich an, ich schreibe dir eine Mail, ich gratuliere dir zum Geburtstag. Oder ich poste ganz einfach in aller Herrgottsfrühe. Ich bleibe so lange dran, weil ich weiß: Ich kann dich begeistern. Und ich werde dich wieder begeistern.
Für mehr Begeisterung und Umsetzungsstärke, komm ins offene Training