Es ist zum Davonlaufen

Die einen sind jahrzehntelang ihren Arbeitgebern treu, andere erfinden sich jedes Jahr neu. Egal wann und wie oft, Menschen verlassen naturgemäß ihre beruflichen Positionen nach einer gewissen Zeit und suchen neue Herausforderungen. Zurück bleiben eine offene Stelle und jede Menge unerledigter Aufgaben. Vor dem Problem stehen viele Firmenchefs öfter als ihnen lieb ist. Aber: Ist es überhaupt ein Problem?
Welche Schlüsse du daraus ziehen und wie du die Suche nach den „richtigen“ Mitarbeitern angehen kannst, erfährst du in diesem Beitrag.

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Etwa ein-, zweimal im Monat stellen mir meine Kunden die Frage: „Herr Kutrzeba, können Sie mir sagen, wo wir gute Vertriebsleute herbekommen?“ Meine Antwort ist immer dieselbe: Wenn ich das wüsste, würde ich sie selbst einstellen! Dann folgt meist Schmunzeln. Das Thema, das dahintersteht, heißt Mitarbeiterfluktuation.

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Immer schneller und immer stärker wandeln sich heutzutage die Unternehmensstrukturen mitsamt den Menschen, die dazugehören. Angesichts dessen sehen sich viele Firmeninhaber damit konfrontiert: Selbst langgediente, gute Mitarbeiter kündigen irgendwann.

  • Wie geht es dann weiter?
  • Wie kann man sie ersetzen?
  • Wie findet man geeignete Nachfolger?
  • Und warum sind sie überhaupt weggegangen?

Auf und davon oder hin und weg?

Wenn Mitarbeiter ein Arbeitsverhältnis verlassen, sollten wir uns immer fragen: Gehen sie wirklich „weg von“ oder nicht vielmehr „hin zu“?  Es ist eine ganz natürliche Entwicklung, dass jemand sein Potenzial leben will und sich dahingehend weiterentwickelt. Aber oft höre ich: „Die Mitarbeiter gehen wegen dem Chef.“

Das trifft meiner Erfahrung nach weitaus seltener zu als angenommen oder behauptet wird. Weil Menschen grundsätzlich gute Intentionen haben. Ich kenne keinen (!) Chef, der schlechte Intentionen hätte seinen Mitarbeitenden gegenüber. Was er vielleicht nicht tut bzw. tun kann, ist, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass sie ihr Potenzial entfalten können. Was heißt das?

Es ist etwas Persönliches

Menschen denken in erster Linie an sich. Das ist nicht nur legitim, sondern absolut wünschenswert. Wenn jeder auf sich schauen, sprich, aktiv die Verantwortung für die Erfüllung seine Bedürfnisse übernehmen würde, wäre nicht nur die allgemeine Jobzufriedenheit, sondern unser aller Zusammenleben um vieles einfacher.

Wenn ich zum Beispiel einen Volontär habe, der nach wenigen Seminarbegleitungen schon wieder das Handtuch wirft, dann denke ich natürlich als erstes: Schade, ich hätte ihn gerne länger behalten. Selbiges, wenn ein Trainer sagt, er möchte nicht mehr mit mir zusammenarbeiten. Ich nehme das ernst, aber nicht persönlich. Denn meistens hat es mehr mit demjenigen zu tun, der geht, als mit mir, dem Chef. Es ist also etwas Persönliches, etwas höchst Persönliches sogar – im Fokus stehe aber nicht ich.

Mach den anderen erfolgreich, das macht dich erfolgreich

Stattdessen überlege ich: Wie kann ich dem anderen einen Nutzen dabei stiften, ihn unterstützen, ihm helfen, unter die Arme greifen, sodass ihm leichter gelingt, was er vorhat?

Da geht’s um eine Haltung: Mein Erfolg ist nicht wichtiger als der meiner Mitarbeiter. Oder anders gesagt, was für den anderen gut ist, kann auch für mich gut sein. Selbst wenn das bedeutet, dass er von mir weggeht – dorthin, wo er sich seinen Bedürfnissen und seinem Potenzial folgend besser entwickeln kann.

Probleme maximieren

Vielleicht ist ja es gar kein Problem, wenn jemand geht, sondern eine Chance. Schon mal so gedacht? Das ist ein Denkansatz, der meine Auftraggeber und mich selbst bereits oft weitergebracht hat. Wenn du glaubst, du hast ein Problem, versuche nicht es zu lösen. Verschärfe es. Vergrößere es. Nimm es unter die Lupe und zwar so lange, bis sich zeigt, worin die Ursache des Problems liegt.

Das heißt, wenn es eine hohe Mitarbeiterfluktuation gibt, frage dich: Was hat das für einen Effekt? Was zeigt sich dadurch? Erkennst du, wo die Schwachstellen, Lücken und die Entwicklungsmöglichkeiten sind? Erst dann kannst du das Problem ausräumen, den Prozess neu aufsetzen und entscheiden, was zu tun ist. Dann können wir auch mit sinnvollen Trainingsmaßnahmen beginnen. Zuvor wäre es reine Kosmetik.

Wer sind die richtigen Mitarbeiter?

Du fragst dich, ob du die richtigen Mitarbeiter hast? Ob du gute Verkäufer hast? Lass mich das Missverständnis aus der Welt schaffen: Es gibt per se keine richtigen oder falschen Mitarbeiter. Es gibt keine guten oder schlechten Vertriebsleute. Es gibt nur welche, die für dich arbeiten wollen oder eben nicht.

Die richtigen Mitarbeiter sind die, die „wollen“. Ich erkenne sie im Training daran, dass sie Fragen stellen, dass sie mitmachen, statt nur dabei zu sein, dass sie auch mal weinen oder schreien (alles von vorgekommen). Diese Menschen wollen: sich einbringen, sich mitteilen, sich entwickeln, etwas umsetzen, verändern etc.! Die anderen haben entweder resigniert oder innerlich schon gekündigt.

Nutze den Sog-Effekt

Wenn du neue Mitarbeiter suchst, sollten die Maßnahmen in Richtung Branding gehen. Ich weiß schon, viele sagen, am heutigen Markt müssen die Firmen sich bei den Mitarbeitern bewerben. Das sehe ich nicht ganz so drastisch, aber es geht sehr wohl darum, einen Sog zu erzeugen. Überlege dir, welche Werte du verkörpern willst – denn diese Mitarbeiter fühlen sich von dir angezogen – und folge ihnen stimmig nach innen und nach außen. Nur so erzeugst du den gewünschten Effekt.

Welchen Auftritt brauchst du, damit die Mitarbeiter, die du möchtest, sagen „wow, das könnte mein nächster Job sein“? Das wird vermutlich nicht umgehend passieren. Aber mit dem entsprechenden Auftreten bleibst du ihnen im Kopf. Und wenn für diejenigen der Moment zum Absprung woanders gekommen ist, dann klopfen sie an deine Tür. Du brauchst sie nur mehr zu öffnen.

Neue Beiträge erscheinen laufend in meinem neuen Podcast!